Verhandlungen gehören zum täglichen Geschäft im Unternehmensumfeld. Dabei ist die Technik des „Anchoring“ oft entscheidend. Doch was ist Anchoring in Verhandlungen genau? Vereinfacht gesagt bedeutet es, den ersten Bezugsrahmen – also den sogenannten Anker – zu setzen, an dem sich die weiteren Diskussionen orientieren. Dieser Anker beeinflusst die Wahrnehmung von Preis, Wert oder Position und verschafft einen klaren Startvorteil.
Ich habe in meinen 15 Jahren als Geschäftsführer unzählige Male erlebt, wie der erste Anker den gesamten Verlauf geprägt hat. Modelle aus Business Schools klingen oft sauber auf dem Papier, aber in echten Deals spielen Psychologie, Timing und Marktkenntnisse eine weit größere Rolle. Anchoring kann ein Gamechanger sein – richtig genutzt führt es zu besseren Ergebnissen, falsch gesetzt kann es Deals komplett zu Fall bringen.
Wenn man sich fragt, was ist Anchoring in Verhandlungen, kommt man um die Psychologie nicht herum. Der erste Wert oder die erste Forderung bleibt fast immer im Kopf des Gegenübers verankert.
In einem Projekt mit einem internationalen Zulieferer habe ich erlebt, dass wir mit einem hoch angesetzten Startangebot die gesamte Range der Gegenangebote verschoben haben. Das lag nicht daran, dass der Preis realistisch war, sondern daran, dass er als mentaler Referenzpunkt diente. Studien zeigen, dass Käufer oft nur 10–20% von diesem Anker abweichen. Genau deshalb setzen erfahrene Verhandler den Startpunkt bewusst strategisch. Der Fehler vieler junge Manager ist, diese Chance zu verschenken, indem sie versuchen, „fair“ oder „neutrale“ Einstiege zu wählen. In der Praxis verschenkt man damit nur Macht.
Ein stark gesetzter Anker schafft sofort einen Rahmen. Aber nicht jeder Deal lässt einen aggressiven Einstieg zu.
Ich erinnere mich an eine Verhandlung mit einem skandinavischen Unternehmen, in der wir zu hart ankerten und dadurch sofort Gegenwehr provozierten. Das führte zu monatelangen Verzögerungen. Die Lektion: Ein Anker muss nicht nur ambitioniert, sondern auch glaubwürdig sein. Gerade im B2B-Bereich mit langfristigen Partnerschaften kann ein unpassender Anker Vertrauen zerstören.
Der richtige Weg liegt meist dazwischen: strategisch ambitioniert, mit plausibler Begründung. Erzählen Sie dem Verhandlungspartner, warum dieser Anker Sinn ergibt – Marktanalysen, Benchmarks oder Trends machen Ihre Zahlen greifbarer. Unternehmen, die das verinnerlicht haben, berichten mir von Margensteigerungen von 3–5% allein durch bessere Ankerstrategien.
Anchoring funktioniert nur, wenn die Vorbereitung stimmt. Ohne faktenbasierte Argumentation wirkt der Anker wie eine leere Zahl.
Einmal musste ich ein Budgetgespräch retten, nachdem mein Kollege einen Anker gesetzt hatte, ohne die aktuellen Benchmark-Daten zu kennen. Das Gegenüber konnte uns mit einem einfachen Branchenvergleich entwaffnen. Seither gilt für mich: Jeder Anker braucht mindestens zwei unterstützende Argumente, die auf Daten oder Trends basieren. Timing ist ebenso entscheidend: Wer zu früh ankert, wirkt starr. Wer zu spät kommt, verliert die Initiative.
Vorbereitung heißt nicht nur Excel-Tabellen, sondern auch Antizipation möglicher Einwände. Der stärkste Anker ist wertlos, wenn er sofort zerlegt wird.
So mächtig Anchoring ist, in manchen Situationen schadet es.
Bei einem Zusammenschluss zweier mittelständischer Unternehmen war es klüger, zuerst zuzuhören. Hätten wir hier aggressiv einen Anker platziert, wären die Gespräche sofort abgebrochen. In solchen Fällen funktioniert es besser, das Gegenüber den ersten Schritt machen zu lassen – dann kann man dessen Anker relativieren oder strategisch kontern.
Besonders in Märkten mit asymmetrischen Informationen – etwa wenn Sie nicht alle Zahlen kennen – kann ein unüberlegter Anker schnell wirken, als hätten Sie die Lage falsch eingeschätzt. Diese Fehleinschätzung können Sie später kaum korrigieren.
Wer nicht gelernt hat, fremde Anker zu erkennen und zu neutralisieren, verliert im Verhandlungsspiel.
Ein klassisches Beispiel: Bei der Ausschreibung eines internationalen Projektes setzte der Lieferant einen extrem hohen Anker. Wir reagierten nicht mit einem simplen Gegenangebot, sondern stellten die Basis seiner Zahl infrage. Indem wir alternative Benchmarks einbrachten, konnten wir den Anker relativieren. Das erfordert Selbstbewusstsein – sonst verhärten sich die Positionen.
Die Technik nennt sich Re-Anchoring: Sie setzen einen Gegenrahmen, der glaubwürdig wirkt und gleichzeitig Verhandlungsraum offenlässt. Das Ziel ist nicht, den ersten Anker komplett zu ignorieren, sondern ihn in Relation zu setzen.
Was ist Anchoring in Verhandlungen ohne den Blick auf Branchen? Völlig unterschiedlich.
Im Technologiebereich sehe ich regelmäßig aggressive Anchoring-Strategien, weil die Margen dynamisch und die Innovationszyklen schnell sind. Im Gesundheitswesen dagegen dominieren vorsichtige Anker – zu starkes Setzen wirkt dort unethisch oder zerstört sofort Vertrauen.
Ein Kunde aus der Bauindustrie hat mir erzählt, dass Benchmark-Daten dort oft so schwammig sind, dass Anchoring über Projekte vergangener Jahre läuft. Branchenlogik bestimmt also, wie eng oder weit Anker gesetzt werden können.
Anchoring ist nicht kulturunabhängig.
In Nordamerika wird ein harter Anker oft als Zeichen von Verhandlungskompetenz gewertet. In Japan dagegen kann derselbe Anker als unhöflich oder unprofessionell gelten. Ich habe erlebt, wie ein europäisches Team in China mit einem extremen Anker sofort Vertrauen verlor. Erfahrung lehrt: Manche Kulturen starten lieber neutral und steigern Schritt für Schritt.
Wenn Sie international verhandeln, müssen Sie die kulturelle Bedeutung von Ankern verstehen. Es geht nicht nur darum, die Zahl zu setzen, sondern auch darum, wie sie wahrgenommen wird.
Viele fragen mich, ob Anchoring auch bei langjährigen Partnern funktioniert. Die Antwort: Ja, aber subtil.
Ich habe mit Zulieferern gearbeitet, mit denen wir jahrelang zusammen waren. Dort setzen wir Anker nicht mit Zahlen, sondern mit Rahmenbedingungen – etwa längere Vertragslaufzeiten oder qualitative Kriterien wie Lieferzuverlässigkeit. So bleibt das Prinzip erhalten, nur die Form verändert sich.
Besonders wichtig: In langfristigen Beziehungen zählt Glaubwürdigkeit mehr als bei einmaligen Deals. Wer hier zu aggressiv ankert, riskiert nicht nur den Deal, sondern die gesamte Beziehung.
Wer fragt „Was ist Anchoring in Verhandlungen?“, bekommt schnell theoretische Antworten. Doch in der Praxis zeigt sich: Anchoring ist Psychologie, Strategie und Erfahrung zugleich. Richtig eingesetzt, verschiebt es den Rahmen entscheidend zu Ihren Gunsten. Aber: Nicht jeder Raum und nicht jede Kultur erlaubt dieselbe Härte im Setzen. Entscheidend sind Vorbereitung, Timing und Situationsbewusstsein.
Wenn Sie das nächste Mal in einer Verhandlung sitzen, fragen Sie sich: Will ich den Anker setzen oder bewusst nicht? Beides kann richtig sein – solange es Teil Ihres Plans ist. Wer diese Frage beherrscht, wird langfristig erfolgreich verhandeln können.
(Weitere strategische Einblicke finden Sie auch im Fachartikel Harvard Business Review zu Verhandlungstaktiken – eine lesenswerte Ergänzung.)
Anchoring bedeutet, durch die erste Forderung oder Zahl den Bezugsrahmen der Verhandlung zu setzen.
Weil Menschen sich unbewusst an der ersten Zahl orientieren und alle weiteren Angebote daran messen.
Nicht immer. In komplexen oder vertrauenssensiblen Deals ist Zurückhaltung oft strategisch klüger.
Indem man ihn hinterfragt, Benchmarks einbringt und einen eigenen Rahmen setzt.
Zu aggressive oder unglaubwürdige Anker, die Widerstand oder Vertrauensverlust auslösen.
Ja, einige Kulturen werten aggressive Anker positiv, andere empfinden sie als unhöflich.
Nein, auch Rahmenbedingungen, Vertragszeiten oder Lieferkriterien können als Anker dienen.
Technologie, Consulting und Vertrieb – Branchen mit dynamischen Preisen und hoher Marge.
Eine entscheidende. Ohne Daten und Argumente wirkt der Anker kraftlos.
Ja, wenn es zu hart eingesetzt wird. Partnerschaften brauchen subtilere Ankerformen.
Absolut. Rollenspiele und Simulationen sind die beste Übung für Führungskräfte und Vertriebsteams.
Ja, etwa bei Fusionen, Joint Ventures oder sehr fragilen Verhandlungen.
Er sollte ambitioniert, aber plausibel erscheinen – nicht völlig abgehoben.
Ja, zahlreiche Studien zeigen deutliche Effekte von Referenzpunkten in Entscheidungsprozessen.
Schwierig. Besser ist es, ihn durch Re-Anchoring in Relation zu setzen.
Beides. Wer nur setzt, aber nicht neutralisiert, oder umgekehrt, verliert Handlungsfähigkeit.
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