Thu. Oct 9th, 2025
Wie man mit schwierigen Menschen verhandelt

Im Laufe meiner Karriere – sei es in Verhandlungen mit Lieferanten, in Teamkonflikten oder bei Kundenmeetings – habe ich verstanden, dass Verhandlungen mit schwierigen Menschen weniger eine Frage perfekter Theorie, sondern harter Realität sind. Jeder, der länger als ein paar Jahre in Führungs- oder Geschäftspraxis war, weiß: Manche Menschen sind schlichtweg kompliziert. Die Kunst liegt darin, ihre Widerstände nicht frontal zu bekämpfen, sondern sie strategisch zu managen.

Verständnis der Motive des Gegenübers

Die schwierigsten Verhandlungspartner sind nicht unbedingt irrational. Oft haben sie einfach Motive, die auf den ersten Blick nicht sichtbar sind. Ich erinnere mich an eine Situation, in der ein Verhandlungspartner über Wochen alles blockierte. Später stellte sich heraus, dass sein Ziel gar nichts mit dem eigentlichen Vertrag zu tun hatte – er wollte intern Macht demonstrieren.

Genau hier zeigt sich: Wer die Motive nicht versteht, kämpft an der falschen Front. Ein guter Ansatz ist, zunächst Fragen zu stellen, ohne sofort Lösungen anzubieten. Wenn ich zurückblicke, haben mir offene Fragen wie „Was ist Ihnen in diesem Prozess am wichtigsten?“ mehr Türen geöffnet als Monate harter Zahlenarbeit. Das ist eine Mischung aus Empathie und klarer Zielorientierung. MBA-Programme lehren uns „Win-Win“, aber in der Praxis bedeutet es oft schlicht „Verstehen, warum der andere so reagiert“.

Kontrolle über die eigene Emotion behalten

Nichts verpufft schneller als ein Verhandlungserfolg, wenn man im Affekt reagiert. Früher dachte ich, dass Dominanz Stärke ausstrahlt. Aber die Realität ist: Laut zu werden bringt keinen Zentimeter weiter. Ich erinnere mich an einen Meeting-Marathon, bei dem ein Kollege komplett die Fassung verlor – der Deal war in Minuten tot.

Heute halte ich mich an die Regel: Reaktion verzögern. Wenn jemand aggressiv auftritt, nehme ich bewusst zwei Sekunden Pause. In diesen Sekunden entscheide ich, ob ich die Eskalation mitmache oder ob ich das Gespräch in ruhigere Bahnen leite. Daten bestätigen dies: Studien zeigen, dass bis zu 70% der schwierigen Verhandlungen scheitern, weil einer der Beteiligten emotional überreagiert. Ruhe gilt daher weniger als Nettigkeit, sondern als strategischer Vorteil.

Grenzen setzen ohne Eskalation

Menschen, die schwieriges Verhalten zeigen, testen Grenzen. Sie tun dies bewusst oder unbewusst. Ich habe einmal mit einem Verhandlungspartner gearbeitet, der ständig Deadlines ignorierte. Am Anfang dachte ich, Verständnis sei besser. Doch das Ergebnis war, dass er meine Nachsicht als Schwäche interpretierte.

Die Lösung lag darin, frühzeitig klare Linien zu ziehen. Ich sagte: „Wir sind bereit, Ihnen entgegenzukommen, aber ohne feste Zusagen auf Ihrer Seite gehen wir nicht weiter.“ Überraschenderweise funktionierte das. Grenzen setzen bedeutet nicht, aggressiv zu sein. Es heißt, Verbindlichkeit zu schaffen. Das funktioniert in 80% der Fälle besser als lange Diskussionen.

Aktives Zuhören als taktisches Werkzeug

Zuhören wird oft unterschätzt. Dabei ist es ein Machtinstrument. Ich habe erlebt, wie schwierige Menschen durch reines Aussprechen mehr Druck abbauten, als jede Antwort es geschafft hätte. Einmal redete ein Lieferant 20 Minuten lang, ohne dass ich etwas erwiderte. Danach war er viel offener für Kompromisse.

Das bedeutet, Zuhören nicht als Passivität zu betrachten, sondern als aktive Taktik. Aus jahrelanger Erfahrung weiß ich: Wer 70% des Gesprächs zuhört, sammelt deutlich mehr Informationen, die später in Verhandlungsvorteile umgewandelt werden können. Theorie nennt es „Empathie“, ich nenne es schlicht „praktische Intelligenz“.

Vorbereitung mit Szenario-Strategien

Schwierige Menschen überraschen uns oft mit plötzlichen Kurswechseln. Die Wahrheit ist: Wer nicht vorbereitet ist, verliert. In meiner früheren Rolle in einem B2B-Vertragshandel habe ich gelernt, dass klassische Vorbereitung mit ein paar Notizen nicht reicht. Stattdessen habe ich Szenario-Pläne entworfen – was tue ich, wenn sie X oder Y machen?

Das funktionierte besonders gut in Branchen mit hoher Wettbewerbsdichte. Zum Beispiel, als ein Kunde in letzter Minute die Preise drücken wollte. Weil wir ein Alternativeszenario vorbereitet hatten, konnten wir das Gespräch retten. Mein Rat: Plane immer mindestens drei Handlungspfade, auch wenn du nur einen hoffst zu nutzen.

Neutralität durch objektive Fakten schaffen

In hitzigen Verhandlungen kann man sich leicht in Subjektivität verlieren. Doch nichts kühlt Diskussionen schneller ab als harte Daten. In einer Phase meiner Karriere arbeitete ich mit einem Investor, der ständig Behauptungen und Drohungen aussprach. Statt mich auf Diskussionen einzulassen, legte ich präzise Marktanalysen auf den Tisch.

Das veränderte den Tonfall komplett. Daten sind keine Waffe, sondern ein Anker. Aber Achtung: Zahlen allein überzeugen nicht, wenn die Beziehung basislos ist. Sie müssen als neutraler Grund wirken, um das Gespräch zurück auf Fakten zu lenken. Ich habe gelernt: Mit klaren Benchmarks – sei es Marktpreise oder Lieferzeiten – kann man selbst die aggressivsten Diskussionen auf ein sachliches Niveau zurückholen.

Kompromisse strategisch einsetzen

Viele sehen Kompromisse als Schwäche. Doch in meinen Verhandlungen haben Kompromisse oft Türen geöffnet, die sonst verschlossen geblieben wären. Entscheidend ist, sie nicht vorschnell anzubieten, sondern gezielt.

Einmal habe ich absichtlich einen kleinen Zugeständnisbereich vorbereitet, von dem ich wusste, dass er mir wenig kostet. Als der andere darauf ansprang, nutzte ich die Gelegenheit, meine eigentliche Kernforderung durchzubringen. Der Fehler vieler Manager ist, ihre Verhandlungsmasse zu früh preiszugeben. Richtig eingesetzt, ist ein Kompromiss kein Nachgeben, sondern ein taktisches Werkzeug, um das Endziel zu erreichen.

Strategisch mit Dominanz umgehen

Die schwierigsten Menschen treten oft dominant auf. In meiner Laufbahn habe ich erlebt, wie sie Schweigen mit Schwäche verwechselten oder Druck als selbstverständlich sahen. Die Kunst liegt darin, Dominanz nicht zu bekämpfen, sondern zu spiegeln.

Ich erinnere mich, wie ich mit einem CEO verhandelte, der jede Minute Kontrolle beanspruchte. Ich habe bewusst seine Körpersprache gespiegelt, ohne mich anzubiedern. Nach einer Stunde kippte seine Einstellung, weil er mich als „ebenbürtig“ wahrnahm. Der Punkt ist: Dominanz bricht nicht durch Gegenwehr, sondern durch Anerkennung kombiniert mit subtiler Gegenstrategie.

Fazit

Mit schwierigen Menschen zu verhandeln ist mehr Psychologie als Mathematik. Es erfordert Selbstkontrolle, strukturiertes Vorgehen und vor allem Verständnis, dass nicht jeder Konflikt lösbar ist. Was ich in 15 Jahren Führung gelernt habe: Die meisten Konflikte sind weniger über Inhalte, sondern über Macht- und Anerkennungsspiele entstanden. Wer das erkennt, hat die bessere Ausgangsposition.

Ein weiterer wertvoller Ansatz ist es, sich externe Perspektiven einzuholen, z. B. über Harvard Business Review.

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

Was bedeutet es, mit schwierigen Menschen zu verhandeln?

Es beschreibt den Prozess, in dem man mit Menschen umgeht, die resistent, konfrontativ oder unkooperativ auftreten, und trotzdem Lösungen findet.

Kann man immer eine Einigung erzielen?

Nein, manche Situationen enden ohne Kompromiss. Ziel ist jedoch, die Optionen im eigenen Sinne optimal zu steuern.

Wie bleibt man in Verhandlungen ruhig?

Durch mentale Vorbereitung, Atemtechniken und Pausen bei Eskalationen. Ruhe ist ein messbarer Vorteil in Gesprächen.

Sind Daten wichtiger als Emotionen?

Beides zählt. Daten schaffen Klarheit, aber Emotionen bestimmen den Gesprächsfluss. Erfolgreiche Verhandler nutzen beides.

Was tun bei aggressiven Taktiken?

Aggressives Verhalten kontert man mit Ruhe, klaren Grenzen und sachlichen Fakten, nicht mit Gegenangriff.

Funktioniert aktives Zuhören immer?

Nein, aber in 70% der Fälle erleichtert es den Zugang und bringt die wirklichen Motive ans Licht.

Welche Fehler machen viele Manager?

Der größte Fehler ist, zu früh Kompromisse zu machen oder in persönliche Angriffe abzudriften.

Kann man schwierige Menschen „ändern“?

Selten. Man kann nur das eigene Verhalten steuern, um die Situation zu beeinflussen.

Wann sollte man ein Gespräch abbrechen?

Wenn Emotionen dominieren oder die Verhandlung keinen geschäftlichen Sinn mehr macht, ist Abbruch professionell.

Hilft Humor bei Konflikten?

Situativ ja. Richtig eingesetzt kann Humor die Spannung senken, falsch dosiert wirkt er respektlos.

Ist Macht immer schlecht in Verhandlungen?

Nein. Macht ist neutral. Es kommt darauf an, wie beide Seiten sie einsetzen und ausbalancieren.

Welche Rolle spielt Körpersprache?

Eine entscheidende. 70% der Kommunikation läuft nonverbal, besonders bei dominanten Menschen.

Was tun, wenn Fakten ignoriert werden?

In solchen Fällen hilft es, neutrale Quellen oder Benchmarks einzubringen, um die Position zu stärken.

Wie unterscheidet sich B2B von B2C?

B2B-Verhandlungen sind oft rationaler, während B2C stärker emotional geprägt ist. Beide erfordern unterschiedliche Taktiken.

Sind Online-Verhandlungen schwieriger?

Ja, da Körpersprache fehlt. Deshalb sollten Worte klarer und Daten strukturierter eingesetzt werden.

Wie bereitet man sich optimal vor?

Mit Szenarien, Daten, psychologischen Analysen und einer klaren Zieldefinition, nicht nur mit Zahlen und Fakten.

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